Das Siebte Gebot

DU SOLLST NICHT STEHLEN.

Sie: »Kann man etwas stehlen, was einem gehört?«
Er: Sie: »Ich weiß nicht. Wahrscheinlich nicht ...«
Sie: »Dann habe ich nicht gestohlen.« 
(Aus Krzysztof Kieslowskis »Dekalog 7«)

»Du sollst nicht stehlen!« ist ein klares, eindeutiges Verbot. Klar und eindeutig, solange der Handlungsrahmen übersichtlich bleibt, solange sich die großen Lebenszusammenhänge in einer, wie es im Englischen heißt, »nutshell«, unterbringen lassen. Dann wissen wir, was gut und böse ist, dann wissen wir, dass wir den Mitmenschen nicht berauben und belügen dürfen. Aber das Leben bringt es mit sich, dass wir in unübersichtliche Situationen geraten, Situationen, in denen uns die Kausalitäten und Konsequenzen unseres Handelns verborgen bleiben und wir nicht mehr wissen, was die unerwünschten Neben- oder Spätfolgen unseres Tuns und unseres Unterlassens sind. Angesichts einer solchen Überkomplexität der »Verhältnisse« neigen wir dazu, uns in der Bequemlichkeit der Ignoranz einzurichten und uns gegen die Anstrengungen einer gebührenden Aufmerksamkeit zu immunisieren. Das Kino kann uns in diesem, wie der Schriftsteller Marcel Aymé es nannte, »geistigen Komfort« bestätigen (und das tut es denn auch nur allzu oft). Gute Filme aber zeigen uns Wege aus diesem zu gleichen Teilen unverschuldeten und selbstverschuldeten Wirklichkeitsverlust. Denn es macht ja die Kraft und das Vermögen des Films aus, Dinge aus der Ferne in unser Blickfeld zu rücken, Zeitbegrenzungen aufzuheben und, gestatten Sie mir die Wortspielerei, unsere Einbildungen und Unbildungen in Bildung zu verwandeln. 
Weiterlesen... Laudatio von Corinna Kirchhoff

»Transfer – Der Traum vom Ewigen Leben« (Erster Preis)

Regie: Damir Lukacevic, D 2008; 24:00 Min.

Deutschland in der nahen Zukunft: Der Humantechnikfirma Menzana gelingt mit dem Persönlichkeitstransfer von einem Körper in einen anderen die Erfüllung eines Traumes unserer Menschheit: Ewige Jugend. Nach anfänglichem Fremdeln finden Anna und Hermann sich und einander in ihrer neuen Wirklichkeit zurecht. Für zwanzig Stunden am Tag sind sie Herrscher über von ihnen ausgesuchte junge, athletische Körper. Nur nachts können Apolain und Sarah für vier Stunden wieder sie selbst sein.

»La buena vida – Das gute Leben« (Erster Preis)

Regie: Jens Schanze, D 2008; 94:00 Min.

Die Siedlung der indigenen Wayúus im Norden Kolumbiens wird vom größten Steinkohletagebau der Welt bedroht. In Deutschland und weltweit produzieren Kohlekraftwerke mit importierter Kohle aus Kolumbien den Strom, der das Leben schnell, hell und warm macht. Die Gewaltige Mine »El Cerrejón« rückt Tag für Tag näher an Tamaquito und seine einst unberührte Landschaft heran. 

Bild 1: Anne-Catherine Jüdes, Stiftung St. Matthäus; Bild 2: Corinna Kirchhoff und die Preisträger Damir Lukacevic und Jens Schanze; Bild 3: Filmprojektion in der Villa Elisabeth