Das Achte Gebot

DU SOLLST NICHT FALSCH ZEUGNIS REDEN WIDER DEINEN NÄCHSTEN.

Sie: »Wenn nur Leere über euch ist, wenn am Ende immer nur Leere über euch ist, wenn das der Fall ist ...«
Er: »Ja, ich weiß ...« 
(Aus Krzysztof Kieslowskis »Dekalog 8«)

Über Lüge und Wahrheit lässt sich trefflich debattieren und moralisieren. Der Gegensatz, der dem Begriffspaar innewohnt, ist nicht verhandelbar — auf einer bestimmten Ebene, einer hohen Ebene, die dem Alltag, dem gewöhnlichen Leben, das wir führen, kaum angemessen ist. Es gibt die Lüge als das Gegenteil von Wahrheit, also die Nichtübereinstimmung von Gegenstand und Aussage, und es gibt nunmal auch die Lüge, die im Gebrauch der Lüge, im »belügen“ zum Ausdruck kommt. Wie jeder Klippschüler weiß, und zu dieser Gattung zähle ich mich in aller Bescheidenheit, ist »belügen« ein transitives Verb, »jemanden belügen«, sich selbst oder auch andere, und genau davon handelt das Gebot. Um dem Ganzen noch eine Drehung mehr zu geben (und mit Nietzsche zu sprechen): Es ist sogar so (Zitat), dass »die gewöhnlichste Lüge die ist, mit der man sich selbst belügt; das Belügen der anderen relativ der Ausnahmefall.« Von diesem komplexen Sachverhalt, der gewöhnlichsten Lüge in Tateinheit mit dem Belügen der anderen, handelt der Film, den es heute auszuzeichnen gilt, aber auch, wie sollte das Thema sonst überhaupt zu traktieren sein, von ihrem Gegensatz, der Wahrheitssuche, einer beharrlichen, fast schon störrischen, dennoch sympathischen, das jeweilige Gegenüber nicht verletzenden Wahrheitssuche. 
Weiterlesen... Laudatio von Corinna Kirchhoff

»Alle meine Väter« (Erster Preis)

Regie: Jan Raiber, D 2008; 90:00 Min.

Mit 28 Jahren begint sich der Filmemacher Jan Raiber auf eine Identitätssuche, auf der er den schon längst fälligen Kontakt zu seinem leiblichen Vater herstellen möchte. Die Geschwister, Eltern und Großeltern werden mit dem Vorhaben konfrontiert und auch damit, dies in einem Film festzuhalten. Jetzt und hier wird darüber gesprochen, nicht später und nicht irgendwann. Auf diesem Weg findet er mehr, als er je erahnt hätte und lüftet ein jahrelang gehütetes Geheimnis

 

Bild 1: Der Preisträger Jan Raiber; Bild 2: Jurymitglied Peter Paul Kubitz und Jan Raiber; Bild 3: Publikum in der Villa Elisabeth